Glossar
Unser Glossar erklärt Begriffe, die im Zusammenhang mit Neurodivergenz häufig verwendet werden. Es soll Wissen teilen und zu einem gemeinsamen Verständnis beitragen.
B
Beeinträchtigung
Eine Beeinträchtigung ist eine körperliche oder psychische Einschränkung, die unabhängig von gesellschaftlichen Gegebenheiten besteht. Einige neurodivergente Menschen verstehen sich als beeinträchtigt, andere nicht. Beeinträchtigte Menschen sind weder Opfer noch Superheld*innen, sondern Menschen mit Stärken und Schwächen wie alle anderen auch.
Behinderung
Eine Behinderung liegt vor, wenn die Gesellschaft Personen wegen einer Beeinträchtigung strukturell diskriminiert. In einer perfekt inklusiven Welt, wären beeinträchtigte Personen also nicht zusätzlich auch noch behindert. Einige neurodivergente Menschen verstehen sich als behindert, andere nicht. Behinderte Menschen sind weder Opfer noch Superheld*innen, sondern Menschen mit Stärken und Schwächen wie alle anderen auch. Wichtig zu wissen ist, dass der Begriff “Behinderung” juristisch gesehen an Diagnosen geknüpft ist.
C
Camouflaging/Tarnen
Um sich vor negativen Konsequenzen auf Grund von neurodivergenten Eigenschaften oder Verhaltensweisen zu schützen, «tarnen» sich einige neurodivergente Menschen als neurotypisch. Nicht alle neurodivergente Menschen können sich «tarnen», während wiederum andere nicht mehr wissen, wie sie ihre Tarnung ablegen können. Wichtig ist, dass Tarnungsstrategien je nach Situation hilfreich/ gesund bis überlebensnotwendig sein können, z.B. um im Job nicht missverstanden zu werden oder um von der Polizei nicht als abnormal und gefährlich gelesen zu werden. Andererseits kann ständiges sich tarnen schädlich/ungesund bis lebensgefährlich sein, da unsere Tarnung eine riesige Menge an Energie braucht, unser Selbstkonzept schwächt und uns einsam macht, weil uns niemand so sieht, wie wir wirklich sind, was schwere Depressionen bis hin zu Suizidalität zur Folge haben kann. Es gibt drei Untertypen von Tarnungsstrategien – Maskieren, Kompensieren & Anpassen.
D
Diagnosen
Diagnosen sind Werkzeuge, die Menschen im besten Fall helfen, sich besser zu verstehen und ihnen Zugang zu geeigneter Unterstützung eröffnen. Im schlimmsten Fall stigmatisieren und/oder pathologisieren sie. Wichtig zu wissen ist, dass der Begriff «Behinderung» juristisch gesehen an Diagnosen geknüpft ist. Der Zugang zu einer diagnostischen Abklärung ist ein Privileg, das vielen verwehrt bleibt. Auch fallen viele Menschen, die nicht zur gesellschaftlich dominanten und am besten untersuchten Gruppe gehören, durch das diagnostische Raster.
N
Nachteilsausgleich
Eine Anpassung an Lern- oder Prüfungsituationen im Schul- oder Hochschulkontext, die die Nachteile, die Beeinträchtigungen oder Behinderungen mit sich bringen, beheben, ohne dabei die Anforderungen an die betreffende Person zu senken. Nachteilsausgleiche gewährleisten echte Chancengleichheit. Medizinische Diagnosen sind in den meisten Fällen die rechtliche Grundlage dafür, dass dir ein Nachteilsausgleich zusteht.
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Neurodivergent
Als neurodivergent (neurologisch divergent/abweichend) bezeichnet werden Menschen, deren Informationsverarbeitung und die daraus resultierenden Verhaltensweisen deutlich von der gesellschaftlichen Norm abweichen. Der Begriff der Neurodivergenz ist eine sozio-politische Bezeichnung und stellt sich gegen die Pathologisierung von natürlichen neurologischen Abweichungen und kommt ohne medizinische Störungskonzepte (Diagnosen) aus. Neurodivergenzen werden also nicht diagnostiziert, sondern sind Selbstbezeichnungen ähnlich wie der Begriff «queer». Diagnosen können allerdings helfen, um sich selbst als neurodivergent zu erkennen.
Neurodivers
Als neurodivers (neurologisch divers/vielfältig) bezeichnet werden Gruppen (niemals einzelne Menschen), die sich zusammensetzen aus Menschen mit unterschiedlicher Informationsverarbeitung, die sich oft in unterschiedlichen Verhaltensweisen zeigen. Streng genommen ist jede Gruppe von Menschen neurodivers, da jede Gruppe von Menschen neurologisch vielfältig ist (keine zwei Gehirne oder Nervensystem sind genau gleich). Der Begriff wird meist verwendet, um auf eben diese Vielfalt von Neurologien, aufmerksam zu machen.
Neurotypisch
Also neurotypisch (neurologisch typisch/normal) bezeichnet werden Menschen, deren Informationsverarbeitung und/oder Verhaltensweisen grossmehrheitlich der gesellschaftlichen Norm entspricht. Es gibt nicht «das neurotypische» Gehirn, genauso wie es nicht «das neurodivergente Gehirn» gibt.
S
Safer Space
Ein «Safer Space» ist ein Begriff, der in der Soziologie und in der feministischen Bewegung verwendet wird, um einen Raum zu beschreiben, in dem Menschen mit bestimmten marginalisierten Identitäten (z.B. LGBTQ+, Menschen mit Behinderungen, PoC) einen sicheren, geschützten Raum finden, um sich zu treffen, auszutauschen und Erfahrungen zu teilen. Der Begriff «Safer Space» betont, dass absolute Sicherheit nicht möglich ist, sondern vielmehr ein Raum geschaffen wird, in dem Diskriminierung aktiv abgebaut und ein Bewusstsein für die Bedürfnisse marginalisierter Menschen geschaffen wird.
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Spoons
Der Begriff der Spoons kommt aus den Disability Studies. Der Theorie nach, hat jede Person jeden Tag eine bestimmte Anzahl an «Löffel». Mit der Anzahl von «Löffeln» ist soetwas wie emotionale und körperliche Energie gemeint. Personen mit Neurodivergenzen brauchen oftmals mehr Energie (Spoons) als neurotypische Personen, für die gleichen Aufgaben oder Situationen.
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