Studieren mit Neurodivergenz

Das Gehirn von neurodivergenten Personen funktioniert anders als das von neurotypischen. Da Hochschulen meist auf die Bedürfnisse von neurotypischen Personen angepasst sind, kann das Studium für uns eine besondere Herausforderung sein – weil wir andere Bedürfnisse haben. 

Im Folgenden findest du Infos zu verschiedenen Besonderheiten beim Studieren mit Neurodivergenz mit einem Fokus auf den Nachteilsausgleich.

Nachteilsausgleich

Grundsätzlich hast du, falls du einen (diagnostizierten) Nachteil jeglicher Art hast, laut der UNO Behindertenrechtskonvention (Art. 5 & Art. 24)  und der schweizerischen Bundesverfassung (Art. 8) ein Recht auf einen Nachteilsausgleich (mehr dazu unten). Dieser soll unter anderem die Chancengleichheit an Bildungsinstitutionen sicherstellen und kann verschiedene Anpassungen beim Format der bereitgestellten Lernmaterialien sowie dem Format deiner Leistungskontrollen vorsehen. Nachfolgend findest du Informationen zum Nachteilsausgleich, zu unserem Engagement in diesem Bereich und Informationen zum Beantragungsprozess eines Nachteilsausgleichs. 

1. Umfrage zum Nachteilsausgleich im Studium

Hast du schon einmal versucht, einen Nachteilsausgleich zu beantragen? Falls ja, dann bitten wir dich herzlich unsere Umfrage auszufüllen, egal ob du deinen Antrag abgebrochen hast, erfolgreich warst oder nicht.

Antwort anonym möglich.

Grund der Umfrage
Wir möchten uns mit dieser Umfrage ein klareres Bild über die Situation an den verschiedenen schweizerischen Hochschulen verschaffen, damit wir, die Arbeitsgruppe Inklusion, uns gezielter für einen fairen Nachteilsausgleich einsetzen können.

Wichtige Eckdaten
Diese Umfrage kannst du anonym oder unter Angabe deines Kontakts im Formular ausfüllen und dauert zirka 10-15 Minuten.  Deine personenbezogenen Daten werden in keinem Fall an Dritte weitergegeben und nur für Felizitas Welp (Leitung AG Inklusion & Vorstand) und Andrea Indermaur (AG Inklusion & Vorstand) sichtbar sein. Mehrfachausfüllen, falls du mehrere Male einen Nachteilsausgleich beantragt hast oder versucht hast zu beantragen, ist sehr erwünscht!

Fokus der Umfrage
Wir legen ein grosses Augenmerk auf Rechtsverletzungen. Beispielsweise interessiert uns, ob unser Recht auf informationelle Selbstbestimmung (dein medizinisches Zeugnis/deine Diagnosen dürfen nicht ohne dein Einverständnis und nur wenn absolut nötig geteilt werden) gewahrt wurde. Auch interessiert uns, ob deine Bildungsinstitution dir die Massnahmen gewährt hat, die dir rechtlich zustehen. Ausserdem möchten wir von dir wissen, wie der Prozess zur Beantragung eines Nachteilsausgleichs aussah und wie dieser, deiner Meinung nach, optimalerweise aussehen sollte.

2. Rechtliche Lage

Wie oben bereits angemerkt, basiert dein Recht auf einen Nachteilsausgleich auf der UNO Behindertenrechtskonvention und der schweizerischen Bundesverfassung. Folgende Abschnitte im Speziellen sind dabei wichtig:

UNO Behindertenrechtskonvention

Gleichberechtigung und Nichtdiskriminierung – Artikel 5

(1)  Die Vertragsstaaten anerkennen, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, vom Gesetz gleich zu behandeln sind und ohne Diskriminierung Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz und gleiche Vorteile durch das Gesetz haben.

(2)  Die Vertragsstaaten verbieten jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung und garantieren Menschen mit Behinderungen gleichen und wirksamen rechtlichen Schutz vor Diskriminierung, gleichviel aus welchen Gründen.

(3)  Zur Förderung der Gleichberechtigung und zur Beseitigung von Diskriminierung unternehmen die Vertragsstaaten alle geeigneten Schritte, um die Bereitstellung angemessener Vorkehrungen zu gewährleisten.

(4)  Besondere Massnahmen, die zur Beschleunigung oder Herbeiführung der tatsächlichen Gleichberechtigung von Menschen mit Behinderungen erforderlich sind, gelten nicht als Diskriminierung im Sinne dieses Übereinkommens.

Zum Gesetzestext → 

Bildung – Artikel 24, Abschnitt 1

(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen, gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen mit dem Ziel:

a) die menschlichen Möglichkeiten sowie das Bewusstsein der Würde und das Selbstwertgefühl des Menschen voll zur Entfaltung zu bringen und die Achtung vor den Menschenrechten, den Grundfreiheiten und der menschlichen Vielfalt zu stärken;

b) Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit, ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur Entfaltung bringen zu lassen;

c) Menschen mit Behinderungen zur wirklichen Teilhabe an einer freien Gesellschaft zu befähigen.

Bildung – Artikel 24, Abschnitt 5

(5) Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.

Zum Gesetzestext → 

Bundesverfassung

Rechtsgleichheit – Artikel 8, Abschnitt 2:

Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.

Zum Gesetzestext → 

Wichtig hier zu bemerken gilt, dass das schweizerische Behindertengleichstellungsgesetz leider tatsächlich nur auf Bundesebene gilt. Da Hochschulen mit Ausnahme der ETH und EPFL kantonale Institutionen sind, müssen wir uns auf die Bundesverfassung und die Behindertenrechtskonvention berufen.

Unser Engagement

In unserer Arbeitsgruppe Inklusion setzen wir uns für einen fairen Nachteilsausgleich ein. Um uns ein klares Bild über die Situation an den verschiedenen Hochschulen zu verschaffen, haben wir eine Umfrage erstellt. Wir freuen uns, wenn du an dieser teilnimmst – ein anonymes Ausfüllen ist möglich. Mit einem breiten Überblick können wir gezielt unsere Forderungen an die verschiedenen Hochschulen bringen.

Ausserdem sind in manchen Semestern ein Austausch zum Nachteilsausgleich geplant. Diese finden nur nach unseren Kapazitäten statt. Sinn dieses Events ist es, sich auszutauschen, aber es hilft der AG Inklusion ebenso, sich ein noch klareres Bild zu verschaffen. Willkommen sind auch Personen, die positive Erfahrungen mit der Beantragung des Nachteilsausgleichs gemacht haben. Schau gerne in unserem Eventkalender vorbei, ob demnächst ein solches Austauschtreffen geplant ist.

Möchtest du auch mithelfen? Dann komme gerne in unsere Arbeitsgruppe Inklusion! Schreib eine E-Mail an Feli (sie/ihr), Leiterin der AG Inklusion – sie freut sich, von dir zu hören.